Das frühe Trauma im Mutterleib
 
Frühkindliche Traumata begleiten uns oft viele Jahr(zehnt)e lang, bis sie endlich erkannt und aufgelöst werden.
 
Es gibt jedoch ein Trauma, das noch viel tiefer liegt, weil es so früh geschah:
Es ist der Verlust eines Zwillings im Mutterleib. Von der Mutter oft unbemerkt, geschehen
die meisten Zwillingsverluste zwischen der 5. und 10. Woche (im zweiten oder dritten
Schwangerschaftsmonat). Der überlebende Zwilling erlebt, wie der Herzschlag so dicht neben ihm schwächer und schwächer wird und schließlich ganz verstummt. Die Gemeinsamkeit, das glückliche Miteinander, erlischt. Zurück bleiben Schmerz, Trauer und Schuldgefühle (ich lebe und der andere nicht, ich konnte ihn nicht retten, ich habe ihn verdrängt, ihm etwas weg genommen, ich werde abgelehnt und vieles mehr).
Diese Schuldgefühle finden später im Leben einfach keine Erklärung, weil weder die Mutter noch der überlebende Zwilling etwas von dem Zwillingsverlust wissen.
 
Da es in vielen Fällen so früh geschah, sitzt es tief verborgen im Unterbewusstsein und kann als „Störenfried“ ein Leben lang rumoren.
Zum Beispiel als tiefe Sehnsucht nach Verschmelzung (Partnerprobleme: zu viel Nähe) oder auch als Beziehungsunfähigkeit (Verlustangst) oder als ewige Suche (eine Ortsbindung ist unmöglich, ewige Wanderschaft und Unruhe). Oder es bilden sich Dermoidzysten (bei Frauen oft an den Fortpflanzungsorganen = der Versuch, den verlorenen Zwilling zu reproduzieren) oder Teratome (Einwachsungen = den anderen in Schutz nehmen, für ihn sorgen, ihn mit sich zu tragen).
 
Überlebende Zwillinge zeigen oft merkwürdige Verhaltensweisen:
sie arbeiten für zwei, essen für zwei (oder lassen immer etwas übrig... für den anderen!) oder kaufen alles doppelt. Als Kinder zeichnen sie Häuser mit zwei Schornsteinen und zwei Bäumen oder Blumen, sie knuddeln oft so innig (und verzweifelt) mit ihrem Lieblingsstofftier, dass schon bald das Innenleben heraus quillt. Sie können eine übersteigerte Angst vor dem Tod haben (oder vor Wasser = der erste flüssige Lebensraum im Mutterbauch = angstbesetzt!!)...
kurzum: die merkwürdigen Verhaltensweisen sind erst zu verstehen, wenn das Trauma im Mutterleib erkannt wird.
Hat ein Elternteil dieses frühe Trauma unbewusst selbst erlebt, dann versucht er oft (ebenso unbewusst), mit dem eigenen Kind jene tiefe Innigkeit und Verschmelzung zu leben, die er als Zwilling im Mutterleib vermisst hat (das Kind zum Zwilling machen).
Das ist jedoch keine „Erlösung“ des Traumas. Solch ein Verhalten schafft neue Probleme: Das Kind erlebt den betreffenden Elternteil als zu nah (aufdringlich und bedrängend). Solche Eltern können für die Kinder keine kraftvollen Vorbilder sein, sondern werden immer als schwach und unangenehm empfunden.
 
In einer Rückführung können wir solche tief sitzende Traumata sehr gut bearbeiten.